Forderungen und Hintergrundinformationen

zur Innenministerkonferenz

am 23./24. Juni in Stuttgart

 

PRO ASYL hat der Innenministerkonferenz in Stuttgart unsere Anliegen bezüglich der Situation der Flüchtlingsgruppen aus Afghanistan, Kosovo, Tschetschenien, Togo und dem Irak vortragen. Wir halten es in allen diesen Fällen für erforderlich, dass von zwangsweisen Rückführungen abgesehen wird und sinnvolle Aufenthaltsregelungen für die hier lebenden Flüchtlinge getroffen werden. Da die Praxis inzwischen gezeigt hat, dass das Zuwanderungsgesetz in der großen Mehrzahl der Fälle nicht zu einer Abschaffung von Kettenduldungen führt, haben wir die IMK erneut zu einer konstruktiven Befassung mit einer allgemeinen Bleiberechtsregelung aufgefordert. Nachdem mehrere EU-Staaten in den vergangenen Jahren Bleiberechtsregelungen für verschiedene Personengruppen erlassen haben und Spanien sich anschickt über 700.000 statuslosen Menschen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren, halten wir es für schwer nachvollziehbar, dass die vergleichsweise sehr viel kleinere Gruppe der in Deutschland über viele Jahre hinweg Geduldeten hierzulande keine Zukunftsperspektive erhält.

 

PRO ASYL begrüßt die Ankündigung verschiedener Innenminister, sich bei der kommenden Innenministerkonferenz für eine Bleiberechtsregelung einzusetzen. Gleichzeitig haben wir die IMK aufgefordert, die Bedingungen einer solchen Regelung so auszugestalten, dass sie von den Menschen erfüllbar sind. Schwer erfüllbar angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktsituation und der Folgewirkungen der Beschäftigungsverordnung ist insbesondere das Erfordernis der selbstständigen Lebensunterhaltssicherung aus Erwerbstätigkeit.

 

 

Flüchtlinge aus Afghanistan

 

Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich nach übereinstimmenden Medienmeldungen in den letzten Wochen verschlechtert. Betroffen sind nicht nur etliche Provinzen, in denen es weiterhin zu ethnischen Auseinandersetzungen kommt, sondern auch Kabul. Mehrfach gab es dort in letzter Zeit Anschläge mit einer Vielzahl von Todesopfern (vgl. u.a. „Helfer in Afghanistan leben gefährlich“, Frankfurter Rundschau vom 18.5.2005). Eine neue Eskalationsstufe wurde Mitte Mai erreicht, als antiamerikanische Proteste sich auf 10 von 34 Provinzen ausgeweitet haben, in der Stadt Jalalabad Büros der Vereinten Nationen angegriffen wurden und ausländisches Personal evakuiert werden musste. Im Süden und besonders im Südosten entlang der Grenze zu Pakistan nehmen die Kämpfe zwischen den Streitkräften der Enduring Freedom Koalition und einsickernden Taliban zu, die in einigen Regionen zunehmend Unterstützung erhalten.

 

Im April hielt sich eine Delegation der Rechtsberaterkonferenz der Wohlfahrtsverbände und von PRO ASYL in Afghanistan auf. Sie bestand aus der Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtes Frankfurt/M., Buchberger, Rechtsanwältin Arendt-Rojahn, Berlin, Rechtsanwalt Freckmann, Hannover, und Rechtsanwalt Pfaff, Frankfurt /M. Die Delegation führte in verschiedenen Landesteilen Gespräche mit Ministern der afghanischen Regierung, regionalen Gouverneuren, UNHCR, der deutschen Botschaft, ISAF und afghanischen Staatsangehörigen ohne offizielle Funktion, darunter auch Rückkehrer aus anderen Staaten. Der Reisebericht der Delegation wird in Kürze vorliegen.

 

Einer der Reiseteilnehmer, Rechtsanwalt Victor Pfaff, hat für PRO ASYL seine Eindrücke zusammengefasst (s. Anlage). Er berichtet über einige der Probleme, von denen Rückkehrer betroffen sind. Auch der afghanische Minister für Repatriierung und Flüchtlinge, Dadfar, hält - anders als der hamburgische Innensenator Nagel, der sich ebenfalls im April in Afghanistan aufgehalten hat - die Lage für „hochexplosiv“. Offiziere der ISAF halten sie für „äußerst fragil“. Die letzten Wochen haben eine Antwort darauf gegeben, wie die Realitäten sich entwickeln und welche Gefahrenprognose zu stellen ist: Die OMF (Opposing militant forces), Reste des Talibanregimes samt ihrer Verbündeten, bedrohen nicht mehr nur den Südwesten, sondern auch den Osten des Landes. Hinzu kommt der Massenaufruhr in zahlreichen Städten und Provinzen mit vielen Toten und Verletzten wegen eines Artikels in der Zeitschrift Newsweek über angebliche Koranschändungen in Guantanamo. Die Angriffe der letzten Zeit haben sich auch gegen UN-Einrichtungen und Nichtregierungsorganisationen gerichtet. Im Norden wurden vor kurzem drei UN-Mitarbeiterinnen getötet. Eine italienische Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation wurde entführt. Angesichts des jüngsten Anschlags auf ein Internetcafé mit Toten, angesichts von Entführungsversuchen und Entführungen in Kabul ist die Sichtweise des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Kabul sei eine zumutbare Zufluchtsalternative ebenso wenig akzeptabel wie die Behauptung einer ausreichenden Stabilität, die es rechtfertigen könne, mit Zwangsrückführungen zu beginnen.

 

Zur instabilen Gesamtsituation kommt die zunehmende Kriminalität, gegen die Polizei und Justiz keinen Schutz bieten. Sogar die Regierung räumt ein, dass Polizeikräfte in die organisierte Kriminalität involviert sind. Eine handlungsfähige Justiz gibt es nach wie vor nicht, was ein Grund dafür ist, dass die gerade im Zusammenhang mit Rückkehrern wichtigen Eigentumsansprüche entweder nicht realisiert werden können oder zum Teil zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen.

 

Bereits jetzt sind viele Menschen, darunter gerade auch Binnenvertriebene und Rückkehrer obdachlos oder leben in illegal errichteten, gegen das Wetter nicht Schutz bietenden Behelfsbehausungen - ohne Zugang zu sauberem Wasser, der lebensnotwendigen Grundversorgung mit Nahrungsmitteln oder medizinischer Versorgung. Der Zugang zu medizinischer Grundversorgung ist nicht gewährleistet.

 

Angesichts dieser Tatsachen ist die Durchführung von Zwangsrückführungen nach Afghanistan nicht zu verantworten. Die Lage hat sich gegenüber der Situation im Herbst 2004, die Hintergrund des Beschlusses in der 175. Sitzung der Innenministerkonferenz war, noch verschlechtert.

 

 

Flüchtlinge aus dem Kosovo

 

Die blutigen Unruhen im Kosovo und die Pogrome gegen Minderheiten liegen erst ein Jahr zurück. Die schweren Vorfälle vom März 2004 haben zu einer Eskalation ethnisch motivierter Gewalt im ganzen Kosovo geführt und die Region an den Rand eines bewaffneten Konflikts gebracht. Weder KFOR noch UNMIK waren in der Lage, den Gewalttaten Einhalt zu gebieten. Das Resultat: außer Toten und Verletzten die Vertreibung von mehr als 4.000 Kosovo-Serben, Ashkali, Roma sowie Angehörigen anderer Minderheiten.

 

UNHCR hat in einem Positionspapier vom März 2005 darauf hingewiesen, dass die Sicherheitslage im Kosovo weiterhin zerbrechlich und unberechenbar bleibe und ein erneutes Umkippen der Sicherheitslage sowie der Ausbruch neuerlicher Gewalttätigkeiten in diesem Jahr nicht ausgeschlossen werden könnten. Dies könnte zu einem Dominoeffekt führen und sich binnen kurzer Zeit auf das gesamte Gebiet des Kosovo ausweiten.

 

Für uns nicht nachvollziehbar ist, dass UNHCR hinsichtlich von Angehörigen der Volksgruppe der Ashkali und der „Ägypter“ nur noch in Einzelfällen ein Bedürfnis nach internationalem Schutz sieht, das in einem umfassenden individuellen Verfahren geprüft werden soll. Gerade Ashkali und „Ägypter“ waren Opfer der Pogrome des Jahres 2004. Die veränderte Lageeinschätzung ist zu sehen vor dem Hintergrund anstehender Verhandlungen über den Status des Kosovo. Offenbar besteht erheblicher Druck insbesondere auf UNMIK, die Lage der Menschen- und Minderheitenrechte zumindest so zu beschreiben, dass von einer Verbesserung gegenüber der Vergangenheit gesprochen werden kann. Mit den Realitäten hat dies wenig zu tun.

 

PRO ASYL hält Abschiebungen von Ashkali und „Ägyptern“ wie auch von Serben und Roma nicht für vertretbar. Bereits zur letzten Innenministerkonferenz hatten mehrere Bundesländer vorgeschlagen, abweichend von der bisherigen Beschlusslage der Innenministerkonferenz ein Bleiberecht zu ermöglichen. Nach Ansicht von PRO ASYL hat diese Initiative nichts von ihrer Aktualität verloren.

 

 

Flüchtlinge aus dem Irak

 

Die Lage im Irak ist weiterhin von Instabilität und einer Vielzahl von Anschlägen gekennzeichnet, gegen die die alliierten Militärs und die Übergangsregierung keinen Schutz bieten können. Die in den Lageberichten des Auswärtigen Amtes benannten Rückkehr- und Rückführungshindernisse bestehen weiterhin. PRO ASYL erwartet deshalb, dass die Innenministerkonferenz keine Beschlüsse zur Rückführung irakischer Staatsangehöriger fassen wird. 

Bereits in einem Schreiben vom 8. November 2004 hatte PRO ASYL anlässlich der letzten Sitzung der Innenministerkonferenz auf die fragwürdigen Widerrufsverfahren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gegen irakische Flüchtlinge hingewiesen. Die Praxis der Massenwiderrufe ist ein Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und hält bislang unvermindert an, während die Lage im Irak eine Rückführung irakischer Flüchtlinge auf längere Zeit hinaus nicht möglich macht. Deshalb erneuert PRO ASYL die Forderung, irakischen Flüchtlingen einen sicheren Aufenthaltsstatus einzuräumen, sie nicht im Zustand der Duldung zu belassen oder Widerrufsverfahren einzuleiten.

 

UNHCR hat im April 2005 Materialien zum Schutzbedürfnis irakischer Flüchtlinge und Asylsuchender im aktuellen Kontext und zur Rückkehr in den Irak vorgelegt. Die lange Liste besonders schutzbedürftiger Gruppen ist ein deutlicher Beleg für die Sicherheitslage im Irak. Unter Verweis auf konkrete Anschläge und Tötungen nennt UNHCR: irakische Zivilisten, die für die Koalition, die Vereinten Nationen, NGOs oder ausländische Firmen arbeiten, Angehörige der irakischen Übergangsregierung, Angehörige lokaler Behörden, Mitglieder irakischer Parteien, Medienschaffende, Akademiker, Mitglieder der früheren Baath-Partei und sonstige Angehörige des früheren Regimes, Angehörige religiöser Minderheiten, insbesondere Christen, religiöse Würdenträger, Angehörige ethnischer Minderheiten, Frauen (unter Hinweis auf Entführungen, sexuelle Gewalt, Ehrenmorde, Zwangsheirat und politische Aktivität). Separate Hintergrundinformationen liegen von Seiten des UNHCR zu religiösen Minderheiten und Frauen vor.

  

Flüchtlinge aus Tschetschenien

 

PRO ASYL fordert die Innenministerkonferenz auf, sich mit der Schutzbedürftigkeit tschetschenischer Flüchtlinge endlich auseinander zu setzen. Es liegen neue Berichte vor, dass eine sichere Aufenthaltsmöglichkeit für tschetschenische Flüchtlinge in der Russischen Föderation nicht gegeben ist. Trotz einer bereits seit Mitte 2004 verbesserten Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge erhalten viele schutzbedürftige Tschetschenen keinen adäquaten Schutz in Deutschland.

 

Die Menschenrechtslage ist weiterhin katastrophal. Human Rights Watch schildert in einem Bericht vom 21. März 2005 die inzwischen weit verbreitete Praxis des Verschwindenlassens, das inzwischen den Charakter eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit angenommen habe. Das Menschenrechtszentrum Memorial hat sich in einem Bulletin vom 17. März 2005 insbesondere mit neuen Methoden des Anti-Terrorkrieges beschäftigt und u.a. auf verstärkte Repressionen gegen Familienmitglieder tschetschenischer Kombattanten hingewiesen, ebenso auf Fälle von Kidnapping, Mord, Geiselnahme, illegaler Inhaftierung, Gewaltanwendung und Zerstörung von Eigentum, die über den engeren Begriff der Sippenhaft weit hinausgehen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat Russland wegen schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien am 24. Februar 2005 in mehreren Fällen zu hohen Geldstrafen verurteilt.

 

Unter den tschetschenischen Flüchtlingen sind viele Menschen, die als Opfer oder Zeugen schwerster Menschenrechtsverletzungen psychische Schädigungen davongetragen haben und zum Teil behandlungsbedürftig sind. PRO ASYL beobachtet mit Sorge, dass in großem Maße tschetschenische Flüchtlinge in osteuropäische Staaten, insbesondere nach Polen im Rahmen der Dublin II-Verordnung zurücküberstellt werden. Mangels geeigneter therapeutischer Einrichtungen für Folteropfer unterbleibt in vielen Fällen die notwendige Behandlung. Dies ist kein originäres Thema der Innenministerkonferenz, wirft jedoch ein Schlaglicht auf den problematischen Zustand der Schutzgewährung für tschetschenische Flüchtlinge in ganz Europa.

 

PRO ASYL fordert die IMK auf, sich dafür einzusetzen, dass Abschiebungen tschetschenischer Flüchtlinge ausgesetzt werden und eine bundeseinheitliche und rechtsverbindliche Schutzregelung beschlossen wird.

 

 

Togoische Flüchtlinge

 

Mit Unverständnis hat PRO ASYL die Nachricht aufgenommen, dass eine Konsultation der Innenminister zu den Konsequenzen der Lage in Togo zu dem Ergebnis kam, man sehe keine Notwendigkeit für einen Abschiebungsstopp. Damit werden bei einer Fortführung von Abschiebungen in die immer noch unübersichtliche Situation in Togo Menschen großen Risiken ausgesetzt, insbesondere solche, die exilpolitisch aktiv sind. Die aktuelle Krise hat Aspekte, die eine Neubewertung des Rückkehrrisikos durch das Auswärtige Amt nötig machen, bis zur Erstellung des entsprechenden ad hoc Lageberichtes aber einen Abschiebungsstopp nahe legen. Die Zerstörung des Goethe-Instituts in Lomé und die Hetzkampagne gegen Deutsche in Togo haben deutlich gemacht, dass die illegitime Regierung Togos Deutschland verantwortlich macht für die Unterstützung oppositioneller Kräfte. Dass sich der bisherige Innenminister zunächst unter den Schutz der deutschen Botschaft gestellt hat, bevor er im Drittstaat offenbar einen Flüchtlingsstatus erhielt, dürfte den Verdacht des Regimes Gnassingbé nähren. Damit liegt es auf der Hand, dass Flüchtlinge aus Togo, die sich nach Deutschland geflüchtet haben und jetzt vor der Abschiebung stehen, in Gefahr stehen, als oppositionell und illoyal eingestuft zu werden.

 

Spekulationen, die Lage werde sich relativ kurzfristig beruhigen, hält PRO ASYL vor dem Hintergrund widersprüchlicher Meldungen für unangebracht. Vertreter der Welthungerhilfe haben sich besorgt über die Sicherheitslage im Grenzgebiet zwischen Togo und Benin geäußert. Es kämen weiterhin Flüchtlinge über die Grenze nach Benin, von denen viele Schussverletzungen aufwiesen.

 

Der katholische Nachrichtendienst „Fides Dienst“ berichtet am 14. Mai 2005 darüber, dass Todesschwadronen trotz der augenscheinlichen Ruhe die Bevölkerung terrorisieren. Menschen, die in der Politik, in der Gesellschaft oder der Kirche Verantwortung tragen, müssten sich verstecken, weil sie Morddrohungen erhalten hätten, so ein Beobachter. Mit Unterstützung der Gendarmerie und der Armee sollen Milizen mit Waffen versorgt werden, deren Aufgabe es ist, Bevölkerungsteile zu terrorisieren, die der Opposition nahe stehen. Allein in der Stadt Atakpame sollen bei den Übergriffen einer solchen Miliz innerhalb von drei Tagen dreißig Menschen umgekommen sein.

 

 

Bleiberechtsregelung

 

Die ersten Erfahrungen mit der Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes zeigen, dass die angekündigte Abschaffung der Kettenduldungen so nicht erreicht wird. Zahlreiche Menschen mit langjährigem Aufenthalt, die einen Antrag nach § 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz stellen, sehen sich mit der Behauptung konfrontiert, sie könnten freiwillig ausreisen - auch in Staaten bzw. Regionen, deren angespannte Sicherheitslage weiter oben geschildert wurde. Hinzu kommt eine Vielzahl zu Unrecht eingeleiteter Widerrufsverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die neue Kettengeduldete produzieren, wenn dem nicht Einhalt geboten wird. Überdies haben zahlreiche Geduldete in Folge des neuen Arbeitserlaubnisrechts ihren Arbeitsplatz und damit die selbstständige Existenzsicherung verloren. Zwar hat das Bundesinnenministerium über ein Rundschreiben im März 2005 noch versucht, die Situation zu korrigieren, dennoch bleibt in der Praxis das Problem vielerorts bestehen. Dabei sind die Stellen, die zumeist im Niedriglohnsektor angesiedelt sind, nicht ohne Weiteres mit anderen Menschen zu besetzen.

 

Über die politischen Lager hinweg wurde die Abschaffung der Kettenduldungen befürwortet und angestrebt. Wenn aber das Zuwanderungsgesetz dies nicht einlöst, dann ist es an der Zeit, sich erneut mit einer Bleiberechtsregelung zu beschäftigen, wie PRO ASYL sie gemeinsam mit Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und anderen gesellschaftlichen Gruppen fordert.

 

Selbst wenn die Innenminister die Auffassung von PRO ASYL nicht teilen und verstärkten Abschiebungsdruck auch in die beschriebenen Krisengebiete entfalten sollten, ist realistischerweise nicht zu erwarten, dass man fast 200.000 Menschen innerhalb weniger Jahre in diese Länder transportieren kann. Das Problem wird so weiter verschoben, zu Lasten der Betroffenen und der Gesellschaft.

 

Angesichts der zahlreichen Arbeitsplatzverluste seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes müsste eine Bleiberechtsregelung, die tatsächlich wirksam werden soll, zwingend von dem strikten Erfordernis der eigenständigen Lebensunterhaltssicherung absehen. Altfallregelungen früherer Jahre haben diesbezüglich die Möglichkeit einer so genannten „Schnupperbefugnis“ vorgesehen. Erst ein Bleiberecht eröffnet vielen Geduldeten die Chance, sich aussichtsreich um Arbeit zu bemühen oder eine alte Stelle wieder zu besetzen und damit Sozialhilfeabhängigkeit zu vermeiden. Gerade eine diesbezüglich weitgefasste Bleiberechtsregelung bietet also die Chance, zu einer konstruktiven und für alle Beteiligten befriedigenden Lösung in der Kettenduldungsfrage zu kommen.

 

 

Zusatzprotokoll zur Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen

 

PRO ASYL begrüßt, dass sich Bund und Länder in dieser Frage verständigt haben und offenbar zu einer völkerrechtsfreundlichen Lösung kommen wollen. Die Ausgestaltung des unabhängigen Überwachungsmechanismus sollte allerdings so beschaffen sein, dass dieser auch wirklich effizient arbeiten kann. Was bisher über die geplante Ausstattung des Präventionsmechanismus bekannt geworden ist, wäre ein im internationalen Vergleich peinliches Zurückbleiben hinter vergleichbaren demokratischen Staaten.